Zickenunfällchen
Heute Morgen, hier in meiner Straße, drei Schritte nach links von der Haustür weg. Im Moment ist die Straße Einbahnstraße, weiß gebaut wird und zwar, wie das üblich ist, wird die Baugrube mit der Suppenkelle ausgehoben. Aber nicht mit einer Kolonie Bauarbeiter, nein, ein Mann ist abgestellt. Nein, das ist natürlich purer Blödsinn, das stimmt so nicht. Gebaut wird vorne in der Hauptstraße, die Tatsache, dass wir nun Einbahnstraße sind ist einfach nur eine Nebenwirkung des Baugeschehens vorne. Übrigens hab‘ ich geschwindelt, es sind zwei Mann, aber nur eine Suppenkelle. Zurück zu meinem Thema von heute Morgen…
… eigentlich Punkt, Komma usw. heißen sollte, nun aber den etwas unrühmlichen Titel „Zickenunfall“ bekommen hat. Ich musste, für meine Schwiegermutter fix in die Apotheke rennen, weil das, was gestern bestellt heute Morgen gleich um acht Uhr geliefert sin soll. Es war inzwischen schon halb neun, ich war auf der sicheren Seite, dachte ich. Also raus aus dem Haus, scharf links abgebogen und ich dachte für mich, dass die beiden Autos da mitten auf der Straße doch eigenartig geparkt sind und vor allem mit Tuchfühlung und Delle. Für mich war das eindeutig: Eine Fahrerin hat unachtsam ausgeparkt, die andere das Auto ist hinten in die Ausparkende hineingefahren. Aber nicht wirklich heftig.
Ich suchte nach den Fahrern, ohne zu wissen, dass es sich bei den Fahrzeuglenkern um zwei Lenkerinnen handelt, die wiederum, wild gestikulierend bei einem Lieferwagen standen und jede versuchte, diesen davon zu überzeugen, dass sie keine Schuld an dem Unfall hat. Wir sprechen von einem Unfall bei dem ein Fahrzeug so gut wie nichts hat und das andere einen Kratzer vorne am Scheinwerfer. Kein Glas gesplittert, nix. Aber es ging ums Prinzip.
„Ich war doch schon die ganze Zeit dagestanden!“ rief Fahrerin A, die sichtbar ausgeparkt hatte.
„Niemals, Sie sind einfach rausgefahren!“ meinte Fahrerin B, die in das Hindernis gefahren war.
Das Gezeter ging hin und her und es wurde die Polizei gerufen, was korrekt ist, die müssen außer Knöllchen verteilen und Radarfallen betreiben, auch mal etwas Einfach-Sinnvolles zu tun bekommen. Es dauerte ungefähr eine Stunde bis das gemischte Duo der Polizei eingetroffen war. In der Zwischenzeit zeterten die Damen nicht mehr, im Gegenteil eisiges Schweigen der Parteien war eingetreten. Eine ging dann mal zum Bäcker, die andere begann, nachdem sie per Handy alles fotografiert hatte, ihr Auto aufzuräumen, immer noch schweigend, ohne ein Wort. Was man in einer Stunde Wartezeit so alles machen kann, vielleicht sollte man sich das ab und an gönnen. Kleiner Blechschaden, eine Stunde auf Wartezeit auf die Obrigkeit, danach aufgeräumtes Auto. Man kann das in Berlin aber auch gut anders regeln: Man stelle sich in einen Stau, dann kann man auch das Auto gut innen reinigen: die Armaturen entstauben und polieren, Scheiben von innen wischen und einiges mehr. Doch wirklich in so einem Stau da geht was. Man kann sich auch schminken, die Nägel lackieren und was einem noch alles so einfällt, nur so lange der Motor des Autos läuft darf man eins nicht: telefonieren.
Wie die beiden Damen mit dem gemischten Polizisten-Duo verblieben sind, keine Ahnung. Auf jeden Fall scheint es gelungen, den Zickenkrieg beizulegen. Schade so eine deftige Zicken-Schlägerei am Morgen hätte etwas gehabt. Nein, ich bin auf keinen Fall so eingestellt, dass ich Gewalt mag, ich habe auch kein Verständnis, wenn zwei Honks wegen eines Parkplatzes die Fäuste und mehr fliegen lassen, aber ehrlich ich kann mich nicht erinnern je eine Schlägerei zwischen zwei Frauen gesehen zu haben. Wobei sich generell die Frage für mich stellt, wann müsste man eingreifen? Wenn eine am Boden liegt und die andere ihr die Haare einzeln zieht? Oder wenn sie zu einem Boxkampf übergehen? Darf man dann den Gong schlagen, die Ecken bereiten zur nächsten Runde?
Für mich scheint der Fall glasklar, eine der beiden Frauen hat schlichtweg einen Fahrfehler begangen. Morgen wäre dann wieder Klatschtag, weil Donnerstag ist. Ich wünsche Euch allen eine unfallfreien Tag und vor allem: Laßt es Euch gut gehen.