Sterbehilfe
In den vergangenen Tagen ist ein sehr schwieriges Thema immer mal wieder in den Nachrichten. Mal melden sie die Politiker zu Wort, dann sind es die Ärzte, dann wieder die Politiker, dann wieder die Ärzte, aber ich habe noch keinen Beitrag gesehen in denen sich Menschen gehört werden, die etwas dazu zu sagen haben oder hätte. Die Kirche ist hier bislang verdächtig still, ihr Aufschrei wird noch kommen, dessen bin mir sicher. Ich meine, dass die Politik und die Ärzteschaft sich anhören sollten, was wir zu sagen haben. Irgendwie geht dieses Thema zwischen all den Kriegsnachrichten unter.
Es ist ein schwieriges Thema, nicht sehr einfach. Wir alle sind mit dem Wissen erzogen, dass die Tötung eines Menschen eine Straftat ist. Niemand hat das Recht das Leben eines anderen zu beenden, der Staat nicht und der Bürger nicht. Trotzdem geschieht es und das leider tagtäglich überall. Das ist aber hier nicht die Frage. Ein befreundeter Jurist sagte einmal zu mir, wenn man die Verantwortung über eine Patientenverfügung für einen anderen Menschen übernimmt und die Maschinen abschalten lässt, dann muss man sich darüber im Klaren sein, dass man diesen Menschen tötet. Das stimmt, manche werden ihr Leben lang nicht damit fertig, andere sind dankbar, dass sie das für ihren Angehörigen, den sie geliebt haben, tun konnten. Aber auch darum geht es mir heute nicht, sondern darum, dass ich der Meinung bin, dass mir weder der Staat, noch die Kirche, noch irgendwer sonst gegen meinen freien Willen handeln darf, wenn es mich selbst betrifft und ich um Sterbehilfe bitte.
Die Kirche sagt, das kann nicht sein, dass ihr lieben Gläubigen das so haben wollt, denn das widerspricht dem, was der liebe Gott Euch gesagt hat. Hmmm… hat der liebe Gott auch gesagt, dass man auf Teufel komme raus Leben verlängern muss, dass die Medizin immer weiter voranschreitet, so dass es manchen Menschen unglaublich schwer gemacht wird sterben zu dürfen? Parenterale Ernährung über einen PEG gegeben, tut eine Menge, um ein natürliches Sterben hinauszuzögern und wenn ich sehe, dass Menschen diese eingesetzt wird, die schon ordentlich alt sind, dann weiß ich auch nicht. Ich habe dieser Tage eine Geschichte gehört, da haben sich mir die Nackenhaare gesträubt: Ein Mann, geistig behindert, durch die vielen epileptischen Anfälle, die er in seinem langen Leben hatte, er war Mitte 50, war er nun bettlägerig, wusste nicht mehr wie es geht das Essen zu schlucken, musste ins Krankenhaus. Der Arzt schlug die PEG mit dem Argument vor, dass die Familie den Mann wohl nicht verhungern lassen würde wollen. Die Familie hat unter diesem Aspekt zugestimmt, mit der Folge, dass der Mann sich drei Jahre lang durch den Rest seines Lebens gequält hat, bettlägrig, mehr und mehr epileptische Anfälle, nicht wissen was geschieht, Entzündungen, Infekten, jeden Tag neues Leid. Ich kenne diese Familie und weiß, dass sie alles für ihn getan haben. Seine Schwester sagte, dem zuzustimmen, dass er eine PEG bekommen hatte, war der größte Fehler ihres Lebens und sie ärgert sich darüber, dass sie zugestimmt hatte. Hätten sie einer PEG nicht zugestimmt, dann wäre ihm sehr viel erspart geblieben und die Natur wäre ihren Weg gegangen. Das meine ich, wenn ich sage die Kirche hat hier nichts zu suchen, denn wenn sie dagegen ist mir zu gestatten, dass ich dann aus dem Leben gehe, wenn es für mich nicht mehr tragbar ist, dann darf sie auf der anderen Seite nicht zulassen, dass unsinnig und unnötig verlängert wird.
Die Ärzte beginnen sich gerade auf die Seite ihrer Patienten zu schlagen. Lassen wir das leidige Thema der Organspende mal außen vor, wo gerade nach und nach schwarze Schafe bei den Ärzten aussortiert werden und die dann, wenn an anderer Stelle durch ihr Handeln gestorben sind, in der Tat wegen Mordes angeklagt werden müssen, mindestens aber wegen Totschlags. Ein Organ zu verpflanzen ist auch ein Eingriff in den Gang der Natur, aber ich meine, dass Menschen, die Organe bekommen eine gute Chance haben noch lange und gut zu leben. Aber wenn das eben nicht mehr gegeben ist, dass die Lebensqualität eines Menschen nicht mehr gegeben ist und er genau das für sich so sieht, dann muss er die Möglichkeit haben „und tschüß“ sagen zu können. Einige Ärzte sprechen sich inzwischen für eine aktive Sterbehilfe aus, die sie selbst durchführen können. Das steht natürlich im Widerspruch zu ihrem geleisteten medizinischen Eid Leben zu retten und erhalten, aber ich meine, dass der Wille des Patienten über dem des Arztes steht und das in jedem Fall und immer. Einige Ärzte nutzen das Unwissen, oder die Angst der Angehörigen nicht alles getan zu haben, schamlos aus. Dem kann man mit der Frage, ob sie all das, was sie vorschlagen in der Situation ihren Angehörigen oder sich selbst antun würden wollen, entgegnen und dann gucken was übrig bleibt.
Kommen wir zur Politik. Ich bin ohnehin der Meinung, dass sie der Staat zu sehr in das einmischt, was ihn nichts angeht. Er kann Rahmenbedingungen schaffen, aber Entscheidungen zu treffen kann und darf er mir nicht abnehmen und wenn ich, nach meinem freien Willen, sterben möchte, weil es eben nicht mehr geht, dann möchte ich nicht in die Schweiz fahren müssen, sondern möchte zu Hause bleiben. Man kann sich über kommerzielle Sterbehilfe natürlich streiten, aber sie muss dann zum Zuge kommen, wenn Ärzte sich weigern ihre Patienten auch bei diesem letzten Schritt zu gehen und ja natürlich bin ich mir auch des Mißbrauchs bewusst, aber diesen mit aller Härte des Gesetzes dann als Mord zu bestrafen wäre selbstverständlich. Aktive Sterbehilfe ist doch nur deswegen so wichtig, weil man gelegentlich der modernen Medizin Einhalt gebieten muss, wo sie glaubt allmächtig zu sein, bei allem Guten und Schlechten, das sie tut. Natürlich will die Menschen, die ich liebe niemals hergeben, aber kann und darf ich so egoistisch ein, sie nicht dann gehen zu lassen, wenn es keinen Weg mehr gibt? Ich meine nein, das darf ich nicht, ich muss dann loslassen, gehen lassen. Die Politik ist dazu da lediglich Rahmenbestimmungen zu schaffen, die sicher stellen, dass mein freier Wille gewahrt ist und bleibt, aber dennoch kein Unrecht damit getrieben werden kann. Nicht mehr und nicht weniger. Ob dazu die Zulassung gewerblicher Unternehmen nötig ist, oder ob meine angehörigen meinen Willen mit Hilfe der Ärzte umsetzen sollen, das ist mir wurscht egal, Hauptsache sie tun das, was nötig ist, um mir einen human erträglichen Abgang zu verschaffen.
Ich bin mir bewusst, dass das kein einfaches Thema ist und jeder sollte, egal wie alt er ist, daran denken eine Vorsorgevollmacht auszustellen, wo er den/die Menschen seines Vertrauens eintragen wird, damit dort Einhalt geboten wird, wo es nötig ist.
Der meteorologische Herbstanfang steht bevor, wobei das Wetter sich schon eine Weile wie Herbst anfühlt: morgens kalt und mittags nur wenig besser. Herbst, die Natur bereitet sich auf den Winter vor, irgendwie passt das zu meinem heutigen Thema. Heute scheint hier die Sonne und es soll noch angenehm warm werden. Ich wünsche Euch einen schönen Spätsommertag: Laßt es Euch gut gehen.