Archiv
Kategorien

Sehen, Hören, Fühlen, Tasten, Riechen

Der Mensch ist mit fünf Sinnen ausgestattet: Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Tasten. Wissen wir alle. Aber welche Sinne nutzen wir wirklich? Schließt einfach mal zu Hause Eure Augen und lauft durch die Wohnung. Eine sehr schmerzhafte Erfahrung. Schließt einfach mal nur ein Auge ganz fest, nehmt eine Flasche Wasser und gießt Wasser in ein Glas vor Euch. Habt ihr das eine Auge wirklich geschlossen gehabt, dann kann nicht alles im Glas gelandet sein.


Wie sieht es mit dem Geruchsinn aus? Was können wir noch riechen und mit der Fähigkeit riechen zu können, schmecken wir. Mein Schwiegervater hatte durch einen schweren Unfall keinen Geruchsinn mehr, folglich konnte er, ein begnadeter Hobbykoch auch nicht mehr richtig schmecken. Das machte ihm mental sehr zu schaffen. Das hängt also zusammen, aber was nimmt unser Geruchsinn wirklich noch wahr?

 
Tasten, mit den Fingern fühlen. Ja, klar, ich weiß wir Frauen sehen in Boutiquen immer mit den Fingern, wodurch wir gleichzeitig fühlen. Aber wie fühlt sich Erde an, wie die Rinde eines Baumen, das Blatt einer Blüte? Wie beschreiben wir die Konsistenz von Quark oder von Fleisch oder Wurst. Zugegeben bei vegetarischer Wurst muss ich passen, weil die ein oder zwei Mal haben nicht ausgereicht, mir das zu merken. Aber wenn sich vegetarische Wurst und echte Wurst gleich anfühlen, dann kann da etwas nicht stimmen, entweder bei der echten Wurst oder der vegetarischen.

 
Hören nicht weniger wichtig wie das Sehen. Stopft euch Ohrenstöpsel in die Ohren und betreibt Konversation. Das ist durchaus hinderlich. Wie nehmen die dauerbeschallten Menschen, die immer mit Musik im Ohr durch die Welt gehen diese wahr. Wissen sie noch, wie sich das fröhliche Zwitschern der Vögel anhört, wie das Blätterrauschen im lauen Sommerwind zu hören ist? Oder, wenn man am Meer ist, wie das Rauschen der Wellen, wenn sie auf den Strand treffen?

 
Über die Haut fühlen, kalt und warm, das Streicheln liebender Hände? Für Babys genauso wichtig wie für alte Menschen. Nein, Leute, nicht gleich an Sex denken, einfach nur berühren, zeigen, dass man da ist.
Wie sehr schulen wir unsere Sinne? Können wir uns überhaupt noch auf unsere Sinne verlassen? Oder verlassen vielmehr unsere Sinne uns? Jeder wird jetzt sagen, dass das Blödsinn ist, die Sinne werden geschult Tag für Tag, draußen. Nein, stimmt einfach nicht. Im Alter lässt die Sache nach, ist einfach so, genauso wir das Rauchen den Geschmacksinn beeinträchtigt, bearbeitet das Alter die Hörfähigkeit und bei Dauermusikhörern schneller, das weiß man und das ist nicht von der Hand zu weisen. Zum Glück kann genau diese Technik wiederum aushelfen. Ist so, aber eigentlich muss das nicht sein.

 
Vor einigen Tagen war ich mit meinen Mädels zusammen, nicht meine Töchter, sondern diesen älteren, lustigen Frauen, denen niemand wer etwas kann, weil sie die Rente schon erreicht haben. Wir haben wirklich die alten Zeiten vermisst, man mag das nicht glauben, nicht unsere Jugend, denn manchen Scheiß möchte man nicht noch mal leben müssen, aber so diese Geschichten, dass Milch, auch in Ermangelung eines Kühlschranks einfach zu Sauer- und Dickmilch wurde und mit Bratkartoffeln eine leckere Mahlzeit gebildet hat. Okay, dieses Essen war sicher nicht mein Favorit, aber ab diese saure Milch war im Sommer einfach lecker.

 
Mein Urgroßvater hatte ein Milchgeschäft und er lieferte täglich die frische Milch, bis er nicht mehr konnte. Da wurde aber keine Milch weggeschüttet, nein, die wurde dann zu Sauer- und Dickmilch und wie beschrieben verzehrt. Zum Metzger ging meine Mutter zwei Mal pro Woche hin, vielleicht auch ein drittes Mal, da gab es am Dienstag Nieren oder Leber, weil ja am Montag geschlachtet worden ist. Wobei der Fleischverzehr nie im Vordergrund stand, den gab es am Wochenende, und in der Mitte der Woche, dazwischen waren entweder Reste vom Vortag da, oder es war fleischlos. Nix mit Auseinandersetzungen zwischen Fleischessern und Vegetariern.

 
Haltbarkeit der Lebensmittel war eingeschränkt, das hing damals mit dem Vorhandensein eines Kühlschrankes zusammen. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ein Händler mit Stangeneis auf einem Pferdewagen durch die Straßen fuhr. Die Verzehrbarkeit eines Lebensmittels unterlag den Sinnen: Sehen, Riechen, Tasten. Schmecken eher nicht, wenn es sich vermeiden ließ. Man schaute sich etwas an, auch noch nachdem ich geheiratet hatte, betastete und beroch es ausgiebig und da entging einem nichts.

 
Heute steht auf der Verpackung ein Haltbarkeitsdatum, das gelegentlich, weil erreicht durch Umpacken der Waren verlängert wird. Natürlich muss ein Haltbarkeitsdatum auf der Verpackung stehen, das ist wichtig, damit die Märkte ihre Regale immer schön brav aufräumen. Das ist die Kontrolle und wir brauchen im Gegenzug dann keine Sinne mehr, wir verlassen uns darauf und für den Fall, dass sich etwas durch geschicktes Verstecken im Kühlschrank, dem Verzehr immer wieder entzogen hat und das Verfallsdatum erreicht ist, was machen wir? Wir werfen das einfach weg, ohne zu prüfen ob es nicht doch verzehrt werden kann. Wir stumpfen ab. Wir tasten erst gar nicht, ob die Wurst vielleicht klebrig wird. Ich glaube ohnehin, dass da so viel Chemie drin ist, dass das nie passieren würde. Wir beriechen das nicht und wenn ein Hund in der Familie ist, so kann sich dieser glücklich schätzen, denn da fällt garantiert etwas für ihn ab.

 
So passiert es dann, wir versäumen es unsere Sinne zu trainieren, verlassen uns nicht mehr auf sehen, riechen und tasten und werfen viel zu viele Lebensmittel weg. Weniger einkaufen? Hand aufs Herz wer tut das schon bei dieser Vielfalt? Bleiben wir bei unseren Sinnen. Natürlich kann man sagen, dass die Industrie daran einen Großteil an „Schuld“ trägt, wenn unsere Wahrnehmungen schlechter werden. Sie mischen jeden nur möglichen Mist in Wurst und Käse, um die Haltbarkeit zu verlängern, lassen nicht mehr zu, dass aus Frischmilch Sauermilch oder Dickmilch werden kann und auf der Sahne ist der Rahm längst schon verschwunden. Fettreduzierten Lebensmittel werden immer statt des Fettes Emulgatoren zugesetzt, die wiederum den Ruf haben Darmkrankheiten auszulösen und die nicht verboten werden. Wo man Fett rausnimmt, muss man der Verarbeitungsfähigkeit wegen etwas hineintun, was weniger natürlich, eher chemisch ist. Also packt man da Emulgatoren rein.

 
Alte Zeiten hatten doch etwas, sie boten nicht die Vielfalt an Lebensmitteln, die es heute gibt, sondern sie ließen die hauseigene Weiterverarbeitung zu. Heute rennen wir durch den Supermarkt, nehmen gestylte und ich will‘s gar nicht wissen mit welcher Chemie, die nicht auf dem Etikett steht, versetzte Lebensmittel aus den Regalen, schmeißen die mit der höchsten Haltbarkeit in den Korb, beenden das Einkaufen mit dem Run auf die die kürzeste Schlange an Kasse 14. Ich weiß, viele haben die Zeit gar nicht um gemütlich einkaufen zu gehen und als Frau und Mutter kann ich sagen, dass das weder mit den Kindern, wenn sie klein sind gut funktioniert, noch mit dem Mann, wenn die Kinder erwachsen sind. Aber Hand aufs Herz, wenn vorhanden, sollte man sich an einer Wursttheke anstellen oder den kleinen Metzger um die Ecke aufsuchen, den es manchmal doch noch gibt, und stellvertretend haben viele Bioläden Wursttheken. Stellen wir uns in die Reihe und warten einfach bis wir dran sind, suchen uns aus, was wir haben wollen. Niemand zwingt uns abgepackte Ware zu kaufen. Das gilt übrigens gleichermaßen für Käse.

 
Hören, die junge Generation wird die schwerhörige von morgen sein und ich rate ihnen schon mal an, sich in Gebärdensprache zu üben. Sicher keine schlechte Option, denn Hörgeräte sind teuer, wenn es kein Kassengerät sein soll. Leute hört auf mit den Dingern in den Ohren rumzulaufen, lasst das Handy mal in der Tasche, sofern es nicht wichtig ist, seid einfach mal achtsam, was auf der Straße, im Park oder wo auch immer zu hören ist.

 
Sehen, was die Natur bietet, die Blumen blühen sehen, auch wenn das Wetter hierzulande nicht gerade einladend ist raus zu gehen und wenn draußen, dann nicht das Handy bemühen, wenn es nicht gerade wichtig ist. Die Natur ist uns gegeben, achten wir sie, schenken wir ihr die nötige Aufmerksamkeit. Es ist die Einzige, die wir haben.

 
Fühlen, nehmt euren Partner, eure Partnerin, eure Kinder in den Arm, lasst diese Kackcomputerspiele das sein, was sie sind: kalte Etwas ohne Gefühle, Lebenszeitverschwendung, die dich im Alter nicht in den Arm nimmt und trösten wird. Irgendwann, wenn es dem Partner oder der Partnerin zu viel geworden ist, in der zweiten Reihe dahinter zu stehen, bist du allein, wirst du vielleicht bemerken, was du verloren hast. Kinder in den Arm zu nehmen, ausgiebig mit ihnen rumzualbern, zu schmusen, sie zu streicheln, die Sinne ihrer Haut zu trainieren, dass es schön ist von Mama und Papa liebevoll gehalten zu werden, das ist so wichtig. Stell dir vor, was sie über dich als ihre Mutter oder ihr Vater sagen, wenn sie erwachsen sind. Werden sie sagen, dass sie dich gar nicht kennen, sich nicht daran erinnern, ob du sie liebkost hast, Zeit für sie hattest, oder ob du gedaddelt hast, während du versucht hast sie zu beschäftigen. Bedenke, irgendwann, wenn du alt bist und du ihre Zuneigung brauchst, weil du krank bist oder weil du gebrechlich bist, was sie dir von dem, was du ihnen gegeben hast, erwarten kannst. Geben und Nehmen, ein Leben lang. Fühlen ist nicht nur eine Hautangelegenheit, sondern auch eine Herzenssache.

 
Sehen, hören, tasten, fühlen und riechen. Geht mit offenen Augen hörend durch Welt, fühlt mit Euren Händen und Herzen, tastet, wenn es möglich ist. Laßt es Euch gut gehen!

Kommentieren