Muttertag
Sonntag ist Muttertag. Wie jedes Jahr gehört der zweite Sonntag im Jahr den Müttern. Der Gedanke ist gut, der Kommerz drum herum … unter dem Aspekt, dass der sich positiv auf Arbeitsplatzerhalt auswirkt, kann man ihn akzeptieren. Ich finde es aber schon komisch, da sollen die Kinder an einem Tag im Jahr bewusst bei ihren Müttern antreten, präsent sein, weiß ich das Frühstück machen, den Tisch decken, die Spülmaschine ein- und wieder ausräumen. Umgekehrt müssen die Mütter an diesem Tag auch irgendwie präsent sein, ob sie wollen oder nicht. Im Grunde kann man sich an jedem anderen x-beliebigen Tag im Jahr treffen.
Ich habe mich immer irre gefreut, wenn meine Kinder kurz vor dem Muttertag ihre Trophäen aus der Schule oder dem Kindergarten gut verpackt ins Haus trugen, sie sicher versteckten und so taten als wäre das nicht geschehen. Wie stolz sie waren, wenn sie am Sonntag ihre Geschenke an mich übergaben: mühevoll gebastelt, den vorgegebenen Text (fast) fehlerfrei von der Tafel abgeschrieben und mit gemalten Bildern verziert. Irgendwann war das vorbei, die Schule war nicht mehr am Muttertag interessiert und sie begannen ihr Taschengeld zusammen zu kratzen um mir etwas zu kaufen. Das wollte ich dann nicht mehr.
Logische Konsequenz: Ich habe den Muttertag abgeschafft. Es war nicht leicht sie davon zu überzeugen, dass ich nicht die überteuerten Blumen brauche, die es in diesen Tagen zu kaufen gibt, nicht die Pralinen, die von fröhlich und erwartungsfroh blickenden Kindern ihren TV-Müttern überreicht werden. Ich will auch nicht nur an einem Tag ihre Aufmerksamkeit, nicht nur an einem Tag mich mit ihnen an einen gedeckten Tisch setzen, egal ob ich ihn selbst decke oder nicht. Ich will öfter ein gemeinsames Frühstück, ein spontanes „Wir kommen mal eben auf einen Kaffee vorbei!“. Das ist dann immer wie ein kleiner Muttertag.
Ich bin Mutter, nicht nur einen Tag im Jahr. Ich genieße meine Kinder immer, egal ober wir miteinander Spaß haben, oder auch ob ich mich mal über sie ärgere. Das kommt auch vor, umgekehrt, dass sie sich über mich ärgern, übrigens ebenso. Das ist normal und gehört zum Leben dazu. Ich freue mich mit ihnen auf einen Kaffee zu gehen, durch die Stadt zu bummeln, wenn dies zeitlich möglich ist, einfach zusammen zu sitzen. Ich hoffe meine Kinder denken ebenso.
Aber es gab auch eine Ausnahme: Jedes Jahr habe ich von Andreas Margeriten bekommen, entweder als Busch oder als Baum. Er hätte nicht verstanden, wenn ich das abgelehnt hätte. Die Margeriten haben mich und uns alle den ganzen Sommer hindurch erfreut. Das war in Ordnung, auch für seine Schwestern.
Am Sonntag ist Muttertag, letztes Jahr haben wir uns nicht gesehen, dieses Jahr werden wir uns aber sicher alles sehen, aber nicht weil Muttertag ist, sondern weil eine meiner Töchter Geburtstag hat und wir zusammen feiern werden. Und nächstes Jahr? Da wird wieder Muttertag sein, am zweiten Sonntag im Mai, für mich ein Sonntag wie jeder andere Sonntag auch.