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Manchmal

Manchmal kommt es mir so vor als warten Menschen förmlich darauf andere fertig zu machen. Sie suchen und graben, werden – leider – meist fündig und dann geht die Luzzy ab und man drischt auf den Verursacher ein. Ich bin das leid in zweierlei Hinsicht: zuerst braucht das immer ewig lange bis der oder die Ertappte zugibt, was zugegeben werden muss. Was folgt ist eine reuige Entschuldigung, manchmal gefolgt von der Aufgabe eines Amtes. Und das zweite?

Das zweite ist, dass ich mehr noch als die Ertappten, diejenigen nicht leiden mag und verachte, die sich als Grubengräber profilieren wollen, als diejenigen, die ertappen wollen um jeden Preis. Natürlich sollte ein Politiker nirgendwo antastbar sein, aber Hand aufs Herz, wer von uns Normalos träumt nicht davon die Beziehungen zu haben, die mehr ermöglichen als das, was real ist. Bestes Beispiel der Fall Wulff: er flog in die USA um dort einen „Freund“ zu treffen, hat Normalklasse gebucht und erhielt ein Upgrade. Was ist so schlimm daran? Das ist uns auch schon passiert. Die Fluglinie setzte den guten Mann und seine Frau aus Sicherheitsgründen in die Business Class. Hallo? Ist das nicht deren Sache, also Angelegenheit der Fluglinie? Bei Otto Normalverbraucher kräht kein Hahn danach, Wulff, weil Politiker muss den Aufpreis bezahlen, es könnte ja – rein theoretisch natürlich nur – möglich sein, dass irgendwann, wegen dieses ursprünglich geschenkten Aufpreises, die Airline zu ihm kommt, um Vorteile von und bei was auch immer einfordert. Hätte Wulff das Upgrade für sich gefordert würde ich zustimmen, dass er es bezahlen muss, so aber nicht. Dies geschah zu Zeiten da Wulff Ministerpräsident in Niedersachsen gewesen war. Dort darf der Ministerpräsident nichts annehmen, das … ja was? Wenn er aus Sicherheitsgründen von der Airline ein Upgrade erhält, dann ist das, wie ich meine Sache der Airline und braucht ihn nicht zu kümmern. Das tut die Airline für sich selbst, für ihre eigene Sicherheit. Er hätte es eventuell als geldwerten Vorteil versteuern müssen und damit wäre gut gewesen. Oder auch nicht, ganz wie seinen Gegnern dies gefallen hätte.

Nun ist er in einer Situation, die doof ist. Da reicht etwas aus seiner Zeit als Ministerpräsident in sein Amt als Bundespräsident. Ganz egal wie man zu seiner Amtsführung auch stehen mag, ich persönlich finde sie fade, farblos und nichtssagend, so hätte der Respekt vor dem Amt es verlangt diese Angelegenheit nach seiner Amtszeit zu klären. Nicht die des Fluges, sondern den Kredit, den er von der Frau eben jenes Freundes bekommen hat, in dessen Haus er Urlaub machen durfte und den Kredit, den er, nicht nach der Frau gefragt, verschwiegen hat. Da hat die Opposition schlichtweg die falschen Fragen gestellt un dWulff hat auf nicht gestellte Fragen keine Antwort gegeben. Das soll nun mit Macht korrigiert werden. Um das noch mal zu betonen, ich heiße es niemals gut, wenn Politiker bestehende Gesetze mißachten, das ist keine Frage, aber gelegentlich muss man auch mal dieselben in Frage stellen können. Wulff hat nun also als Ministerpräsident einen Kredit von einem Freund, nein von dessen Frau erhalten. Wie naiv muss man sein, um anzunehmen, dass nicht die Frau, sondern die Freund selbst die Verhandlungen geführt hat? Ich denke sehr naiv. Was ist falsch daran, wenn am Ende dennoch ihre Unterschrift unter dem Vertrag steht und nicht seine? Die Kernfrage, die man stellen muss ist nicht die, wer den Kredit gegeben hat und wer die Konditionen ausgehandelt hat, sondern hat der Unternehmerfreund Geerkens davon irgendwelche Vorteile gehabt. Dann und nur dann, wäre es für Wulff ein Grund über einen Rücktritt nachzudenken. Alle die ohne belegbare Beweise dessen Wulff nun an den Karren fahren, machen sich so was von lächerlich und nicht nur das, sie schaden unserem Land. Natürlich war es falsch, dass er den Kredit generell nicht angegeben hat, aber das war etwas, das er als zutiefst privat empfunden hat, was ich durchaus verstehen kann. Im Fall Wulff werfen im Moment Menschen Steine, die würde man tief genug graben, sich sicherlich selbst ganz schnell im Glashaus wiederfinden würden.

Nehmen wir ein zweites prominentes Beispiel dieses Jahres: KT = Karl-Theodor zu Guttenberg, überführt des Plagiatklaus, aberkannter Doktortitel. Die Jagd auf ihn war ohnegleichen, unabhängig davon wie er nun sein Comeback gestaltet. KT hat Teile seiner Doktorarbeit aus dem Internet kopiert und sie war durchgegangen, weil da niemand danach geschaut hat. Schätze mal, dass die Arbeit wahrscheinlich niemand wirklich gelesen hat. Es hätte auffallen müssen. Soweit so gut. Hätte er es gleich zugegeben, dann hätte das all seinen Gegnern sofort den Wind aus allen Segeln genommen. Er wäre wohl seinen Doktortitel losgeworden, aber er hätte schätzungsweise sein Amt noch. Ob das gut oder schlecht gewesen wäre, will ich nicht bewerten. Unsere Zeit ist so verdammt schnellebig, dass dies alles sehr schnell in eine vorläufige Vergessenheit geraten wäre. Nun war der Ex-Dr. wohl falsch beraten und war beides los: Titel und Amt. Nun schlägt er erbarmungslos zurück, wird in einem Zeitraum von zwei Jahren in den USA irgendeinen Doktortitel verliehen bekommen und dann mit solchem zurückkommen. Oder bleiben wo er ist, was nicht die schlechteste aller Optionen wäre, obwohl ich ihn bei seinen Auftritten nie wirklich schlecht und recht sympathisch fand.

Mir geht dieses denunzieren, irgendwelche  „Tatsachen“ an die breite Öffentlichkeit zerren, derart auf den Geist, dass ich mich frage, ob die, die das tun, in diesen schweren Zeiten nix Besseres zu tun haben. Haben die Leute wirklich nichts anderes zu tun, als darauf zu warten, dass sie jemandem etwas nachweisen können, dass niemandem wirklich weh tut? Im Gegenteil so manch normaler Student wird sich bei seiner Doktorarbeit an der Theke der Plagiate bedient haben, weil die Themen irgendwann mal alle ausgelutscht sind und es wenig Sinn macht den selben Mist das tausendste Mal, nur anders formuliert, zu schreiben. Natürlich müssen Gesetze eingehalten werden, das ist keine Frage, aber ist ein Kredit ein Geschenk? Jeder Mensch würde das so machen und die, die es an die Öffentlichkeit gezerrt haben gleich drei Mal mehr. Sie sind einfach nur neidisch, dass sie das nicht konnten.

Ich will keine Gesetzlosigkeit, aber ich hätte gerne, dass man sich über die Verhältnismäßigkeit im Klaren ist. Oder träumt man davon einen Bundespräsidenten zu stürzen? Das wäre ein Schaden der dem ganzen Land zugefügt werden würde und ich bezweifle, ob das so sein muss. Fehler gibt es, dass sie gemacht werden. Aus ihnen zu lernen ist da deutlich schwieriger, das geht mir nicht anders. Worte sind ein gefährliches Spielzeug, können verletzend wie Waffen wirken. Manchmal merkt man selbst gar nicht wie sehr man mit seinen Worten trifft. Dann wäre es gut mal in sich zu gehen und zu überlegen, ob man da nicht doch die falschen Signale gesendet hat, denn grundlos wird niemand sagen, dass er verletzt worden war. Ich möchte nicht in Wulffs Haut stecken, der gerade dieser Tage so viele davon einstecken muss, nicht er alleine, sondern seine Frau und seine Kinder dazu. Es kann und darf natürlich nicht unter den Tisch gekehrt werden, aber es darf der Weg der Sachlichkeit nicht verlassen werden und Rücktrittsforderungen für Schnee von gestern, der nicht wirklich eine eindeutige Farbe hat, halte ich für haltlos.

Wir haben inzwischen eine neue Berufsgruppe herangezogen, die nicht mehr ihren Aufgaben als Politiker nachkommt, sondern, die ihre Aufgabe darin sieht auf die Fehler anderer zu warten. Mein Vater pflegte immer zu sagen, der im Glashaus sitzt, und das tun sie alle durch die Bank durch, der werfe nicht den ersten Stein. Er hatte Recht.

 

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