Immer auf die Kleinen!
Wie bekloppt ist das alles? In New York gibt es ein Taxi-Unternehmen, das daran gehindert werden soll exorbitant zu wachsen. Der Bürgermeister möchte, dass Unternehmen ab 500 Taxen pro Jahr um höchstens 1 % mehr Fahrzeuge auf die Straße bringen dürfen, damit New York nicht irgendwann von Autos zugeblecht sein wird, sofern das die wirkliche Absicht ist, denn es könnte auch möglich sein, dass das ein Versuch des Bürgermeisters gewesen war, kleine Unternehmen zu schützen. Irgendwie scheint mir das sinnvoll, auch wenn ich für freie Marktwirtschaft bin. Aber je größer ein Unternehmen wird, desto mehr nimmt es den kleinen Familienunternehmen an Nährboden.
Ich habe da noch ein Beispiel was explosionsartiges Wachsen eines einzigen Unternehmens anrichten kann: In meiner Heimatstadt gibt es ein Bäckereiunternehmen, das seit Jahren expandiert und zwar richtig heftig, gleich mit Frühstücksmöglichkeit mit allem Drum und Dran. Die Läden schießen wie Pilze aus dem Boden. Natürlich, das ist das gute Recht des Unternehmers, aber genau das ist es, was kleine Familienunternehmen kaputt macht, denn inzwischen gibt es kaum mehr kleine Bäckereien. Eine nach der anderen musste dicht machen, nachdem so ein Pilz in der Nachbarschaft aus dem Boden geschossen ist. Ich weiß natürlich auch, dass es gerade für dieses Handwerk immer schwerer wird gute Mitarbeiter zu finden, die bereit sind, mitten in der Nacht aufzustehen und arbeiten zu gehen. Nachwuchs und Fachkräfte fehlen. Aber dennoch wage ich zu bezweifeln, dass das wirtschaftlich gesund ist, abgesehen davon, dass sich die Auswahl für den Kunden mehr und mehr einschränkt und in wenigen Jahren essen alle zum Frühstück die Brötchen aus dieser einzigen Bäckerei, die, na ja, nicht besser, als die vom Bäcker schmecken, also kein wirklicher Geschmacksgewinn sind. Die Bäckerei macht übrigens an den Stadtgrenzen nicht Halt, sondern expandiert fröhlich darüber hinaus und macht sich daran die Bäckereien im Umland ebenfalls kaputt zu machen.
Stellt sich mir die Frage, ob das, was mit Großkonzernen vor Jahren geschehen war nunmehr in kleineren Handwerksbereichen angekommen ist. Es waren riesige unüberschaubare Konzerne entstanden und entstehen noch, die irgendwann mal nicht mehr zu leiten waren, oder aber nicht die richtigen Führungskräfte hatten. Übrigens finde ich es eigenartig, dass die Manager exorbitant verdienen dürfen, aber keineswegs für angerichtete Schäden haften müssen. Werfen wir einen Blick auf die Siemens AG. Die Siemens AG schrieb sich irgendwann einmal auf ihre Fahnen, dass sie als Unternehmen eine große Familie ist. Okay, auch Familien brechen auseinander und Siemens ist ordentlich auseinander gebrochen, nachdem sie zuvor den Hals nicht voll genug bekommen hatten. Nix mehr mit Familie. Aber anstatt zu ihren Wurzeln zurück zu kehren, schneiden sie den Kuchen von außen nach innen immer kleiner und irgendwann einmal werden sie weg vom Fenster sein. Siemens AG wird dann nur noch Geschichte sein.
Ursache? Die Großanleger möchten für ihre Aktien den möglichst größten Gewinn einfahren, danach richten sich die unternehmerischen Aktivitäten: Erst Abbau von Arbeitsplätzen, dann Abbau von Serviceleistungen, dann weg mit der ganzen Abteilung, weil die Kunden webleiben. Die Kleinanleger sind da sehr viel verständnisvoller, wenn mal die Dividende nicht so üppig ausfällt oder vielleicht mal gar keine ausbezahlt wird, aber die gefährlichsten Figuren in diesem Schachspiel sind nach den Aufsichtsräten die Großaktionäre. Unternehmen sind ihnen hoffnungslos ausgeliefert, wie auch die Siemens AG. Sie nennen das „Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit“, verlieren dabei ihre Kunden aus den Augen und, was noch sehr viel schlimmer ist, ihre Mitarbeiter, ihre Familienmitglieder. Es gibt Bereiche, die sind in der Tat tot organisiert worden. Seit Jahren werden Mitarbeiter eingespart. In einem Jahr hier mehr und dort weniger, im nächsten Jahr ist es umgekehrt, da sind es hier weniger und dort mehr. Würden die Leute da oben mal die alte Garde ran lassen, die zu Hochzeiten für das Unternehmen geackert haben, dann sähe das anders aus. Die würden ordentlich mal aufräumen, denn die Leute, die verstehen noch ihr Handwerk, die wissen was sie tun, die haben den Kunden und ihre Mitarbeiter im Auge und schreiben obendrein schwarze Zahlen.
Die Frage, die ich mir stelle, ist nicht gegen Globalisierung gerichtet, das ganz gewiss nicht, damit habe ich kein Problem, warum müssen, meist auf Teufel komm raus, wirtschaftliche Strukturen, die erfolgreich waren, zerstört werden? Warum müssen riesige Konzerne entstehen? Wobei der Trend, wie ich meine, rückläufig ist, und zwar zu Lasten der Mitarbeiter, die man einfach in eine GmbH outsourct und dann per Entlassung entsourct. Aktuellstes Beispiel die Deutsche Post. Allerdings muss man davon ausgehen, dass in wenigen Jahren gar keine Post mehr auszutragen sein wird. Oder ein Brief mindestens zwei Euro Porto kosten wird, wenn nicht deutlich mehr, weil kein Mensch mehr Briefe verschicken wird. Na ja, außer wenn man einen Strafzettel bekommt, der wird wohl ewig mit der Post kommen. Was macht die Post? Sie betreibt Outsourcing, wie Siemens das vor unendlichen Jahren schon betrieben hat, um dann die überzähligen Mitarbeiter schlechter zu bezahlen und irgendwann einfacher kündigen zu können.
Oder unterliegt das alles einzig dem Markt, dass es in einer Stadt, einer ganzen Region nur noch einen einzigen Bäcker geben wird? Das mag ich nicht ganz glauben, denn irgendwie müssen wir alle Brot und Brötchen essen und wollen wir die immer nur von einem einzigen Bäcker kaufen, weil es in der Stadt oder im Land keinen anderen mehr gibt? Übrigens, ein Relikt aus meiner Kindheit, heute gänzlich unmodern geworden: Ein Kuchen, eine Torte, das ist für mich ein süßes, überaus leckeres, rundes Etwas, wobei die Betonung auf rund liegt. Torte, Bäckerei, lecker, ich konnte nie genug bekommen. Heute sind Kuchen und Torten eckig, in langen Aluschienen liegt die gebackene Teigmasse samt Creme, von der in die Inhaltsstoffe nicht kennen will und mit der meine Geschmacksknospen kein Berührungsmoment erleben wollen. Wäre eh sinnlos, schmeckt sowieso alles gleich.
Der Witz bei all dem? Wir lassen das zu. Wir kaufen den Kram auch noch. Alternative zu jenem flächendeckenden Bäcker? Mal die Brötchen selbst backen, Tk-Ware kaufen, den Kuchen selbst backen und den Kaffee von zu Hause mitnehmen. Das stoppt ihn ungemein. Das eine Woche lang, den ganzen Kram zurück in die Zentrale. Tja, was nun. Arbeitsplätze in Gefahr? Klar, die gab es bei dem kleineren Bäcker auch. Der hatte auch angestellte Bäcker, Bäckereifachverkäuferinnen und all das, was zu einem netten Familienunternehmen dazu gehört.
Übrigens ist der Bürgermeister mit seinem Ansinnen das Taxiunternehmen zu stoppen, gescheitert Es darf weiter expandieren, so lange es will und so groß werden wie es will, bis eine in Auftrag gegebenes Gutachten erklärt, ob das ein deutliches Mehr an Autos für New York bedeuten würde, was aber niemand gerne sieht. Ob das der Fall sein wird, man wird sehen, denn ich weiß nicht, wer den Gutachter bezahlt und Gutachter neigen immer die Hand, die sie füttert nicht zu beißen. Ist so.
Kauft mal Brot, Brötchen und Kuchen bei einem kleinen Bäcker, er wird sich freuen. Genießt die handgemachten Backwaren, würdigt die Handarbeit. Keine Ahnung vielleicht sollten wir viel mehr bei den „Kleinnen“ Kunden sein. Laßt es euch gut gehen!