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Geburtstag einer alten Dame

Gestern feierten wir hier einen Geburtstag: den 89. Unserer Oma.

Neunundachtzig Jahre, ein Krieg, fürchterliches Weltgeschehen, schöne Zeiten. Viele Winter, aber auch sehr viele Sommer, Lebensfreude, Lebenslasten. Ein Leben als Frau und Mutter, als Oma und Schwiegermutter erfüllt, zufrieden. Unglaublicher Einklang mit ihren Schwestern, die ihr inzwischen voraus gegangen sind. Sie selbst längst schon in ihrer eigenen Welt, zu der wir nur noch selten Zutritt bekommen.

Ich habe ihr den Kuchen gebacken, den sie immer für uns mit so viel Leidenschaft gebacken hat. Wir haben versucht es für sie so schön wie möglich zu gestalten. Ich wünsche mir, dass der Tag in ihrem Sinn gewesen war.

Ihre fortschreitende Krankheit macht es ihr inzwischen unmöglich auszudrücken, was sie gerne essen mag, so muss ich auf das zurück greifen, was ich weiß. Ihr absolutes Lieblingsessen sind Kartoffeln und Kartoffeln und Kartoffeln. Nudeln gab es wohl als sie Kind war nicht und ob Reis in ihrem Elternhaus schon auf dem Speiseplan stand, kann ich nicht sagen, das habe ich versäumt sie zu fragen, solange sie mir das noch hätte erzählen können. Ich weiß viel von ihr und doch nicht genug, ich würde so gerne noch sehr viel mehr wissen, aber das bleibt wohl für immer in ihr verschlossen.

Ihr Tag fing damit an, dass ich sie, nachdem sie offensichtlich schon seit Stunden wach war, um sechs Uhr früh wieder ins Bett gepackt habe und sie dann bis fast Mittag geschlafen hat. Sie stand dann auf, nahm unsere Glückwünsche staunend entgegen, frühstückte und beschäftigte sich dann mit ihren Geschenken. Sie beobachtete mich, als ich ihre Torte „verschmierte“, den Tisch für sie deckte. Dann kam auch schon ihr Besuch zu ihrem Geburtstag an.

Sie war gut drauf, erzählte mit uns, was wir nicht verstanden und das wir stets bejahten, benickten und in ihrem Sinn bewerteten. Sie legte dann ein kurzes Päuschen für ein kurzes Nickerchen ein, was sie mit 89 Jahren auch darf.  Zum Abendessen war sie wieder voll da, denn es gab Kartoffeln, Risotto für diejenigen, die nicht unbedingt Kartoffelhelden sind, Fleisch und Salat. Ich habe mich wie Bolle gefreut, dass es ihr geschmeckt hat und sie ihren Teller ratzeputz geleert hat .  

Ich glaube, dass sie einen schönen Geburtstag hatte, denn gleich nachdem ihr Besuch gegangen war, ließ sie sich „bettfein“ machen und ging schlafen. 89 Jahre kein Pappenstiel, eine Leistung, Lebensleistung.

Im Moment schläft sie noch.

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