Fotografieren
Ich wurde nach meinem schönsten Hobby gefragt. Mein schönstes Hobby ist … Trommelwirbel … und dann ist es passiert, ich frage mich selbst welches Hobby ich wirklich pflege. Dann muss ich feststellen, dass all meine Hobbys, die ich in meinem Leben bislang hatte, auf der Strecke geblieben sind. Warum? Schulterzucken. Keine Ahnung. Ich könnte jetzt schreiben, dass meine Kinder mein Hobby sind, mein Leben bestimmt haben. Das stimmt natürlich, aber sie sind längst schon den Kinderschuhen entwachsen. Ausrede also. Es hängt an der Zeit, das könnte ich natürlich auch sagen, aber das wäre wirklich gelogen.
Ich habe dies und das gemacht, oder jenes angefangen und niemals beendet. Ich schreibe. Aber als Hobby? Nein, nicht als Hobby. Natürlich schreibe ich gerne, sonst würde ich es nicht tun, aber nicht als Hobby. Was bleibt? Nicht sehr viel. Eins schon, etwas, das mich all die Jahre immer begleitet hat war fotografieren und das habe ich in den letzten Wochen wieder entdeckt. Allerdings sind die Bilder alle mit so einer kleinen modernen Kamera geknipst, die ich bislang nicht wirklich mochte. Es ist so ein kleines Ding, das man gut in der Tasche tragen kann, aber irgendwie kann ich mich mit ihm – noch – nicht anfreunden.
Meine erste Kamera, welches Fabrikat das war, daran kann ich mich beim besten Willen nicht erinnern, die klappte man auf, guckte oben rein um zu sehen, ob das was man vor der Linse haben wollte, auch tatsächlich da ist. Der nächste Fotoapparat war moderner und hatte schon die Form, dir ein Fotoapparat hat. Das steigerte sich dann und irgendwann wurde auch gefilmt. Allerdings habe ich damals schon sehr viel lieber fotografiert, weil das Ergebnis der Filmerei eigenartigerweise immer Stummfilme waren, denn kaum lief die Kamera verstummte das Gespräch und alle verhielten sich stocksteif. Dann kann ich auch fotografieren. Mal davon abgesehen, dass das alles sehr teuer gewesen war. Den Film Kaufen, zum Entwickeln geben, egal ob nun Film oder Foto, da klingelte mächtig die Kasse und der eigene Geldbeutel jammerte.
Dann bekam ich eine Rollei geschenkt, so ein kleiner süßer Fotoapparat. Ich hatte dann etwas später auch noch den Nachfolger. Man musste da noch alles selbst einstellen: ungefähre Entfernung, Belichtung und was weiß ich noch alle. Aber diese Rollei war leise, da stellte sich nichts elektronisch ein, kein Surren und Knurren kündigte an, dass da jemand ein Bild machen möchte. Die beste Voraussetzung um Menschen abzulichten. So entstanden die besten Kinderbilder, die ich jemals gemacht habe. Meine Kinder bemerkten gar nicht, dass ich sie in meinem Sucher hatte. Das Ergebnis war berauschend. Später dann hatten wir eine große Minolta, alles recht und schön, aber allein schon das Geräusch, das entstand, wenn sie sich auf das Motiv einstellte, veranlasste meine Kinder sofort aufzuschauen und ein regelrechtes Kameragesicht aufzusetzen. Das machte dann irgendwann keinen wirklichen Spaß mehr.
Dann kamen die neuen Kameras, mit Chips und tralala und meine Lust mich damit auseinander zu setzen ging gegen Null, zumal ich ganz neidisch war, wenn ich gesehen habe wir meine jüngste! Tochter locker mit dem Teil umging – ohne je in die Gebrauchsanweisung geguckt zu haben. Ab und zu habe ich damit auch mal fotografiert, das war es dann auch. Der Funke zwischen uns sprang einfach nicht über. Obwohl ich die Zitronen meines Baumes, die ich gezeigt habe, fotografiert habe, oder auch mal unsere Katze, irgendwie hat es mich nicht mehr gereizt.
Vor einigen Tagen jedoch, als trauriger weise das Haus in der Klosterstraße brannte, habe ich das erste Mal seit langem sehr ausgiebig diese kleine Kamera in der Hand gehalten. Ich habe unzählige Bilder gemacht, die auch ein wenig den Verlauf des Brandes aus Sicht der Unbeteiligten dokumentierten. Das war der Auslöser und ich habe darüber nachgedacht, dass ich immer schon mit einer Kamera bewaffnet durch Berlin ziehen wollte um Häuser zu fotografieren. Es gibt hier unglaublich schöne Häuser in unterschiedlichem Zustand. Nun könnte man sagen, das sind doch keine lebenden Objekte. Darauf antworte ich, dass das ein Irrtum ist, denn was könnte ein Haus alles erzählen, wenn es das wirklich könnte? Eine ganze Menge würde ich sagen. Es ist mir egal was andere sagen, irgendwann schaffe ich es bestimmt das zu verwirklichen.
Heute Morgen war ich schon unterwegs, mit Kamera und habe die Magnolie fotografiert, die ich schon mal am Sonntag hier gezeigt habe. Bald ist es soweit, da hat sie all ihre Blüten geöffnet und steht in voll Pracht, um einige Tage später wieder als graue Maus zu erscheinen.