Ein schwerer Tag
Für das Sternenkind Noah – für seine Mama und seinen Papa Sasi und Sascha
Das Schreckgespenst jeder Mama und jedem Papa ist das, dass ihr Kind krank werden kann, dass es entführt wird, dass ihm etwas zustößt. Wen so etwas dann passiert, dann ist der Schmerz nicht mehr messbar, das Herz nicht mehr lebbar und die Liebe zu deinem Kind bleibt unerfüllt und endet trotzdem nie.
Ich kenne, durch das Dravet Syndrom, das Andreas hatte, inzwischen viele Mamas, weniger Papas, deren Kinder das Dravet Syndrom haben. Manche sind schwer daran erkrankt, anderen geht es ganz gut. Sie haben mich wie selbstverständlich in ihre Gemeinschaft aufgenommen, einmal Dravetmama, immer Dravetmama. Sie alle leben mit einem elenden Schreckgespenst, tagein, tagaus, nie aufhört in ihren Gedanken zu sein, egal, ob es sich erfüllt oder – so das Universum, Gott oder Allah, wen immer man anrufen möchte – verhindern kann, nicht erfüllt. Es ist das SUDEP und es schlägt erbarmungslos zu, egal ob es wie bei meinem Andreas im Alter von fünfundzwanzig Jahren ist, oder wie bei Noah heute im Alter von drei Jahren und zehn Monaten.
Noah, er war ein quicklebendiges Kind, mit einem Dravet Syndrom wohl, es schien als konnte er sich gut entwickeln und die Anfälle weitestgehend im Zaum gehalten werden könnten. Er war ein Sonnenschein, immer gut drauf, zu Streichen aufgelegt und wir wurden über WhatsApp öfter mal Zeuge davon, welche Kaspereien er für seine Mama und seinen Papa auf Lager hatte. Ein Witzvogel würde ich sagen, wenn ich gefragt werden würde. Heute Morgen aber, war das mit einem Schlag zu Ende. Die erste Nachricht war die, dass der Notarzt versuchte, Noah hier zu halten, ihn nicht gehen zu lassen, umsonst, der NA hat verloren, ein beschissener Tag für ihn auch, er hat den Kampf gegen das SUDEP verloren. Noah hat seine Reise über die Regenbogenbrücke angetreten, ist einfach so gegangen ohne zu fragen, ob er das darf. Das SUDEP hat ihm nicht erlaubt zu bleiben.
Das hat Erinnerungen in mir geweckt, wie schwer der Weg für Sasi und Sascha zurück in ein einigermaßen normales Leben sein wird, das er unvorstellbar steil sein wird, steil insofern, da es einen Berg zu erklimmen gilt, der in Nebel aus Schmerz und Leid gehüllt ist und an dessen Gipfel erst die ersten Sonnenstrahlen des Lebens zu spüren sein werden, das sie ohne Noah führen müssen. Dieser Weg ist weit, hart und beschwerlich, aber sie haben Freunde und Familie, die sie auffangen werden, sie haben die Dravet Mums, die heute und morgen und übermorgen grausame Tage leben werden, weil sie alle Angst um ihre Kinder haben, Angst davor, dass das SUDEP erneut zuschlagen wird.
Ich habe in meinem Blog schon häufiger über das Dravet geschrieben, heute hat es ganz perfide und gemein zugeschlagen. An alle Eltern, egal, ob Eure Kinder krank oder gesund, groß oder klein sind, seid achtsam, passt auf sie auf, allen Dravetmamas wünsche ich, dass für sie wieder Ruhe einkehren wird, dass ihre Souveränität, ihre Fassung, die sie immer haben und die heute böse ausgehebelt worden ist, wieder Einkehr halten wird, dass sie unbeschwert mit ihren Kindern zusammen sein können, die jede positive oder negative Regung ihrer Eltern wahrnehmen und häufig mit einem Anfall quittieren. Ihr alle seid tolle Mütter und auch Väter.
Sasi, du bist nicht alleine, weißt wohin du dich wenden kannst, eine ganze Menge Dravetmamas hören dir zu, nehmen dich virtuell in den Arm, auch wenn dir das heute noch nicht hilft, aber wer weiß, vielleicht morgen, oder übermorgen. Man bleibt immer eine Dravetmama, ich weiß das. Du wirst das schaffen, wirst irgendwann den Gipfel hinter dem Nebel erklimmen, kannst ihn sehen und die ersten Sonnenstrahlen, die dein Herz wieder wärmen werden, spüren. Ich verspreche Dir: Die Trauer wird niemals enden, aber der Schmerz wird lebbar werden.
Ich weiß, das ist nun ein frommer Wunsch: An das Dravet Monster verpiss Dich! Hau ab, beuge dich der Medizin und werde beherrschbar.