Ein letztes Mal Erdogan – jedenfalls für den Moment
Er droht uns! Der kleine Mann vom Bosporus droht uns wirklich und glaubt auch noch, dass seine Worte so viel Gewicht haben, dass wir vor Angst erstarren. Nein, das tun wir nicht. Wir werden, egal was auch immer passieren wird, keine Angst vor ihm haben. Wir wollen keinen Krieg, den will er. Wir wollen Frieden hier und überall in Europa und auf der Welt. Keine Glaubenskriege mehr, denn nichts anderes wäre das. Oder sollten unsere Vorfahren damit Recht gehabt haben, als sie die türkischen Gastarbeiter argwöhnisch beäugt haben.
Es war vielen Menschen damals sehr suspekt, als Gastarbeiter in unser Land kamen, von denen sie angenommen haben, dass sie irgendwann wieder gehen würden. Viele sind das auch, aber viele andere sind geblieben, sie wurden mehr oder weniger herzlich aufgenommen. Die Lebensart von vielen wich stark von der unseren ab und Kopftücher waren hierzulande für Frauen längst out. Ich kann mich noch daran erinnern, dass meine Oma Hüte getragen hat, nicht aus Glaubensgründen, sondern weil das schick gewesen war. Kann man von Kopftüchern nicht gerade behaupten. Bäuerinnen trugen bei uns Kopftücher, wenn sie raus aufs Feld sind und dort ihrer Arbeit nachgegangen sind. Da hatten wir Frauen diese Ära gerade überstanden und dann kamen sie, die Frauen ohne Rechte, die unsere Sprache kaum verstehen, eher schlecht sprechen und die sich den Männern und Söhnen der Familie unterordnen.
Ich frage mich warum haben sie unsere Sprache nicht gelernt? Das wäre das erste, das ich machen würde, lebte ich in einem fremden Land. Ich will doch verstehen, will kommunizieren, aber je weniger ich weiß, desto abhängiger bin ich als Frau. Ich weiß aus Zeitungsartikeln seriöser Zeitungen, dass es Frauen gibt, die hierzulande ein eingesperrtes Dasein fristen. Das ist ein Faustschlag ins Gesicht eines freien Landes. Diese Frauen gehen niemals alleine raus, haben keine freie Arztwahl und keine Rechte über ihren Körper. Das sind leider keine Einzelfälle und deren Männer müssen Hampelmänner sein, wenn sie aufs Einsperren setzen müssen und nicht auf Liebe.
Aber ich kenne auch andere Türken, mein Bäcker ist einer, sein Vorgänger war auch einer und dessen Frau trug kein Kopftuch und wir hatten ein normales, unbelastetes Verhältnis zueinander. Ob er türkische Fahnen schwenkt und begeistert und unkritisch Erdogan anhimmelt, ich weiß es nicht. Es scheint gewirkt zu haben, das auf weitere Beleidigungen Taten folgen werden und möglich, dass Erdogan neue Umfragewerte hat und er für seine Ermächtigung, für die Erweiterung seiner Macht, die Stimmen der Türken hier in Deutschland gar nicht braucht. Wir alles sind Faschisten sagt er, der Diktator sein will, in seinem Inneren bereits ist. Oder aber er hat Angst, dass Frau Merkel tatsächlich die Schotten dicht macht und die Wahlen hier nicht zulässt.
Ach und übrigens ich bin kein Überbleibsel aus der Nazizeit, habe mit den braunen Socken nichts am Hut, meine Familie auch nicht und im Freundeskreis kenne ich niemanden, der den rechten Arm erhoben dem Hakenkreuz folgt oder gar folgen würde. Was erzählt er da seinen Landsleuten und obwohl viele wissen, dass wir keine Faschisten, keine Nazis sind, dass das hinter uns liegt, sind sie gewillt ihm zu glauben? Das will ich nicht glauben und jene, die hier leben, die mögen ihren Landsleuten zu Hause reinen Wein einschenken, die Wahrheit sagen. Das wäre fair. Vor allem wäre es gut, wenn das der Grund für eine Konsequenz wäre ihm nicht diese Macht zu geben.
Natürlich fühle ich mich beleidigt als Nazi bezeichnet zu werden und im gleichen Atemzug muss ich eine Frage stellen: Kann man den Mann ernst nehmen? Der einerseits – von sich aus – die Ministerauftritt hier in Deutschland einstellt, aber andererseits uns droht, dass wir Angst haben sollten, wenn wir auf die Straße gehen.
Das muss sich jeder selbst beantworten und für sich entscheiden, ob er Angst haben will oder nicht. Nach der Wahl ist vor der nächsten Wahl. Von der Bundesregierung, egal wer auch immer die Verantwortung trägt, erwarte ich, dass sie uns schützt und wegen dieser Vorkommnisse die doppelte Staatsbürgerschaft abschafft, denn wer für Erdogan stimmt, kann hier nicht für die Demokratie und die Freiheit sein. Ich erwarte, dass wir künftig eine solche Situation nie wieder haben werden und dass hier keine Wahlurnen für ein anderes Land stehen werden.
Die Abstimmungen hier haben begonnen und ich hoffe jeder Türke, ob mit einer oder zwei Staatsbürgerschaften weiß, wo er/sie sein Kreuz machen muss, denn mit seiner Drohung nimmt Erdogan in Kauf, dass auch Türken getötet werden würden, er gibt seine eigenen Landsleute zum Abschuss frei. Er missachtet all das, was eine Demokratie ausmacht, all das, was hier in Freiheit gelebt werden kann und wer der türkischen „freien“ Presse glaubt, der ist eindeutig auf dem Holzweg. Darüber sollte man dann doch mal nachdenken. Einem Mann, der mein Leben und das meiner Familie und meiner Freunde bedroht, dem könnte ich niemals meine Stimme geben.
Es wäre schön, würde Erdogan diese Abstimmung nicht für sich entscheiden können, sie trotzdem gewinnen wird und niemand kann das wirklich überprüfen. Schade, dass die Türkei ihre demokratische Freiheit aufgegeben hat. Laßt es Euch gut gehen.