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Dieser Tag ist mein Tag

Heute ganz spät. Scheint zur Gewohnheit zu werden. Mein Gänseblümchen wäre heute einunddreißig Jahre alt geworden. Seit mein Buch über mein glückliches Leben mit ihm den Titel „Gänseblümchen“ habe ich ihm in meinem Innern den Namen gegeben. „Mein Gänseblümchen“ klingt schön, oder?

Dieser Tag und der Tag als er Sternenkind wurde, das sind meine beiden „Auszeittage“. Ich bin für niemand erreichbar, außer für meine Familie. Trauer um ein Kind ist etwas, das niemals endet. Sie relativiert sich, wandelt sich, bleibt aber immer da, ist ständiger Begleiter, wo immer ich auch hingehe. Trotzdem ist der Tag von Andreas‘ Geburt kein schlimmer, kein trauriger Tag, im Gegenteil ein fröhlicher Tag, was er immer bleiben wird. Auch wenn die Lücke niemals zu schließen sein wird, er hat uns alle so viel gelehrt.

Ich habe ihm Blumen gebracht, bin eine Weile da geblieben. Danach habe ich meine Mama abgeholt, wir haben beschlossen diesen Tag gemeinsam zum Italiener zu gehen. Sie weiß, wie sich der Verlust eines Kindes anfühlt. Sie selbst findet nach langer Leidenszeit, das kann man für alle Beteiligten so nennen, wieder ins Leben zurück. Man kann sagen sie ist wieder da, sie muss nur wieder laufen lernen, das klappt noch nicht ganz. Nachdem ich sie in ihre Einrichtung, in der sie sich gerade erholt, zurück gebracht habe, habe ich noch ein wenig gebummelt und nun bin ich wieder da. Ich werde nun ein wenig das aufholen, was ich heute zu tun ignoriert habe.

Es ist nicht so, dass ich nur an diesen zwei Tagen intensiv an mein Kind denke. Es vergeht kein Tag an dem ich nicht an ihn denke, kein Tag an dem ich ihn nicht vermisse. Ich weiß, wir haben, sein Grab im Winter vernachlässigt, aber mein Totalausfall und die manchmal eisige Kälte und der Schnee waren einfach dagegen. Wen das gestört hat, dem kann ich nicht helfen und der soll ganz einfach denken was er will.

Es war 21:20 Uhr als Andreas nach einem Tag mit allem möglichen Mist, den man sich für einen Geburt nur vorstellen kann, seinen ersten Schrei gemacht hat. Kaum auf der Welt musste er gleich mal mit drei Stichen genäht werden.  Er hat sich das Geboren werden ganz sicher anders vorgestellt, aber es war wie es war und er war da, mit seinen 4150g und den paar Zentimetern im Verhältnis dazu, war er propper und kugelrund, und schien den Rummel um ihn zu genießen, was reines Hörensagen ist, denn ich habe von all dem nichts mitgekommen, weil danach noch allerhand Schrott passierte. Ich will das nicht weiter ausbauen, denn mit seiner Krankheit hatte all das nichts zu tun. Wer mehr wissen will, was für ein Schelm er war, mit welcher Portion Schalk im Nacken er unterwegs war, der muss sein Buch lesen. Natürlich bin ich als seine Mutter voreingenommen, aber ich glaube s lohnt sich.

So genug von meinem ersten, besonderen Tag des Jahres. Morgen ist wieder ein neuer, normaler Tag und ich weiß auch schon über was ich morgen schreiben werde.

 

Mein erwachsener Sohn

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