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Im November angekommen oder die Gans wurde verschont

Im November angekommen. Dieses Jahr fühlte sich der Herbst nach Spätsommer an. Die Vorstellung, Weihnachten in geblümten Shorts zu verbringen, lag bisher sehr nahe. Aus der Tanne eine Palme zu machen auch. Keine Herbststürme, die das bunte Laub tanzen lassen und bei dem man die Schultern fröstelnd zusammenzieht. Statt dessen Spätsommerfeeling, T-Shirt und mit nackten Füßen in den Sommerballerinas. Das scheint vorbei, heute ist da draußen der November angekommen: Grau, trist, es nieselt. Beschweren wir uns nicht über das Wetter, denn bisher war der Herbst sehr freundlich zu uns.

Herbst, November der 11., die fünfte Jahreszeit hat begonnen, die Gänse, die als Speise dienen, sehen ihrem Ende entgegen. Nicht so jene Gans, die wir zum 13. Bei dem Bauern unseres Vertrauens bestellt hatten. Ja, das gibt es in Berlin. Hier gibt es nichts, das es nicht gibt. Ich persönlich mag Gänse nicht essen, nicht dass ich Vegetarierin bin, davon bin ich weit entfernt, ich mag diesen Geschmack nicht. Das ist so. Trotzdem, wenn der Partner gerne Gans mag und eine solche gerne mal im Ofen sehen würde, so lässt man sich dann auch darauf ein. Es kann nicht angehen zum Vegetarier zu werden, nur weil der Partner das ist, oder die Gans komplett vom Speiselan zu entfernen, nur weil man das selbst nicht mag. Die Gans war also bestellt. Sie ist dort auf dem Hof groß geworden und sollte, wenn auch dort geschlachtet werden. Keine langen Wege, ordentlich aufgezogen, so wie es sein soll. Wir kamen also dort an, wollten die Gans abholen, die sich allerdings noch an ihrem Leben erfreut hat. Wie nun? Heute Gäste, Freunde, die meinem Partner dabei helfen wollten, die Gans zu vertilgen. Nein, die Gänse können noch nicht geschlachtet werden, weil es noch keinen ordentlichen Nachtfrost gegeben hat. Ohne Nachtfrost kann man sie per Hand nur schwer oder gar nicht rupfen. Aha, wir wussten das, hatten das aber verdrängt. Was nun? Was ist ein Gänseessen ohne eine Gans? Eine Pute als Gans zu verkaufen, auch das kommt nicht gut. Damit kann man unsere Freunde nicht täuschen. Okay, kein Problem, irgendwo in dieser Stadt muss doch eine frische Gans zu finden sein. Wäre es auch gewesen, wären nicht alle Gänse, die es gegeben hat, nicht reserviert gewesen. Am Freitag, ja da hätten wir Unmengen Gänse kaufen können, nicht aber am Donnerstag. Inzwischen drängte die Zeit, es wurde eng in unserem Zeitplan, vor allem dann, wenn man die Gans durchgegart und nicht halbroh servieren wollte. Aber wie das so ist im Leben, wir bekommen alles hin und am Ende ist alles perfekt, man muss nur geduldig bleiben. Auf jeden Fall haben wir dann doch noch im allerletzten Moment eine gefunden, die dann auch am Ende pünktlich wie gewollt gegart werden konnte. Was wir ohne Gans gemacht hätten? Die Frage stellt sich nicht, weil ich überzeugt war, dass wir eine finden würden.

Es hilft alle Planung nix, wenn man zum Skifahren möchte und es schneit nicht, dann ist das so. Wenn man raus will und es schüttet ohne Ende, macht auch das ab einem bestimmten Zeitpunkt keinen Spaß. Wenn man mit Menschen zusammenkommen will, wo die gemeinsame Grundlage fehlt, dann geht das nicht und wenn man lange zusammen einen Weg gegangen ist und auch dann kann es passieren, dass sich die Grundlagen, die Lebenseinstellungen so ändern, dass ein weiterer gemeinsamer Weg ausgeschlossen ist, dann geht auch das nicht. Und was nicht ist, das ist eben einfach nicht. Damit findet man sich, je älter man wird, einfach ab und damit ist dann auch gut und wer nicht kommt, der muss auch nicht gehen und nicht jeder muss willkommen sein. Welch‘ tiefe Gedanken bei diesem tristen Novemberwetter. Aber nun ist der Herbst endlich da, pünktliche zum Volkstrauertag. Trotzdem ich habe keine miese Stimmung, ganz im Gegenteil, ich habe gestern Buttergebäck gebacken und freue mich heute schon auf Weihnachten.

Der Herbst ist die Jahreszeit in der die Natur stirbt, was sie nicht wirklich tut, sie bereitet sich lediglich darauf vor, sich den Winter über auszuruhen, wirft deswegen all den Ballast ab, der dabei stören könnte, um im Frühjahr, sind ja nur ein paar Wochen bis dorthin, in ganzer Schönheit wieder zu erstrahlen. Ja, so sehe ich das, zumindest hilft diese Einstellung über die wenigen grauen Tage, bis zum Beginn der Adventszeit.

Habt alle einen tollen Sonntag, vor allem: Laßt es Euch gut gehen!

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