Happy Birthday Andreas!
Das neunte Mal. Dein Geburtstag ohne dich. Es klingt abgedroschen, ich weiß, aber es ist unglaublich wie schnell die Zeit vergeht. Ruckzuck ist ein weiteres Jahr vorbei. Das erste Jahr nachdem du gegangen warst, war das schlimmste, das ich jemals leben musste. Aber auch wenn das ebenfalls abgedroschen klingt, da muss man durchgehen und am Ende dieses ersten Jahres, ist da dann alles besser?
Nein, nicht wirklich, denn Du fehlst immer, wirst immer fehlen. Deine ungestüme Art, dein bebender Schritt, deine herzlichen, aber festen Umarmungen, deine ewig nassen Küssen, egal ob du gerade ein Nutellabrötchen gegessen hast oder Tomatensoße oder dein heißgeliebtes Cola getrunken hast. Du bist immer sehr großzügig damit gewesen, hast uns mit vielen bedacht, als hättest du gewusst, dass wir irgendwann davon zehren müssen. Was machen wir, wenn all diese Vorrats-Küsse aufgebraucht sind? Und dann?
Zeit heilt Wunden, sagt man. Natürlich tut sie das. Längst schon mussten wir in unserem Alltag ohne dich zurückkehren, sind mit dir in unseren Herzen und Gedanken angekommen. Die Wunden sind verheilt. An manchen Tagen brechen sie aber auf, an anderen schmerzen ihre Narben unerträglich, mehr als an anderen. Das ist okay, das in Ordnung so, das muss wohl so sein. Manche Tage ohne dich leben sich immer noch schlecht, auch heute noch, ich schätze das wird sich niemals ändern. Aber heute ist dein Geburtstag und den wollen wir fröhlich feiern. Du weißt doch, wir feiern die Feste wie sie fallen. Wir werden heute ein Fass öffnen! Es war ein wunderschöner Tag als Du geboren wurdest, allerdings kündigte sich die Wetteränderung schon an, denn so warm wie die Tage zuvor, war es nicht mehr. Am Tag nach deiner Geburt schneite es dicke Flocken und es war schweinekalt geworden. War uns egal, wir hatten es warm gehabt, es waren die anderen, die zu uns kommen mussten. In den Tage vor deiner Geburt, da waren dein Papa und ich nach einem Arztbesuch in einer Eisdiele in Shirts und ohne Jacken draußen gesessen, so warm was das gewesen. Wir hatten aus Frust, weil du einfach nicht geboren werden wolltest, einen riesigen Eisbecher gegessen, während die Leute um uns herum sich darüber ausgelassen hatten, dass ich besser nur Mineralwasser getrunken hätte, denn ich konnte den Eisbecher auf meinen Bauchstellen, wo er einfach stehen blieb, bis ich ihn auf den Tisch zurück gestellt hatte. Die waren auf meine Kugel da einfach nur neidisch gewesen. Hätten sie gewusst welch wunderbarer Mensch da drin ist, glaube mir, sie wären es drei Mal mehr gewesen. Du und deine Schwestern, das ist mehr wert als alles Materielle dieser Welt zusammen. Zugegeben, es hätte am Tag deiner Geburt schon schneien können, es wäre dennoch der schönste Tag geworden, dem noch weitere schönste Tage gefolgt sind, mit dir und deinen Schwestern, die du heiß und innig geliebt hast, von da oben aus sicher immer noch liebst.
Was wäre gewesen, wenn du dieses doofe Dravet Syndrom nicht gehabt hättest? Wäre das so gewesen, wie ich mir das immer erträumt hatte als du noch in meinem Bauch gewesen warst? Wir beide, Arm in Arm durch die Stadt und die Leute drehen sich nach uns um, weil du so unglaublich gut ausgesehen hast. Wärst du verheiratet, hättest du Kinder? Eins oder zwei oder gar drei? Du wärst sicher ein wundervoller Vater geworden. Wärst du im Beruf erfolgreich geworden, oder einfach ein Aussteiger gewesen? Ein Handwerker? Ein Sportler? Ein Fußballer? Maler? Schauspieler? Oder gar ein Politiker? Ein Kaufmann, oder ein Bäcker? Egal, du warst so oder so der Hammer, warst offen, bist auf jeden zugegangen, ob der das wollte oder nicht und hast so manch fremde Menschen in Verlegenheit gebracht, weil sie nicht wussten wie sie dir begegnen sollten, vor allem dann, wenn du zu einem unverwechselbaren Knutscher angesetzt hattest. Am Ende aber hast du sie alle zum Lachen gebracht.
Partys hast du gemocht. Geschenke zu bekommen auch. Deine Geschenke waren in Windeseile ausgepackt, beiseite gelegt, nur die Fußballbilder nicht, die hast du gleich bearbeitet. Ich habe keine Ahnung, wie viele wir in Alben geklebt haben, wie viele wir am Ende einer Saison weggeworfen haben, wie viele Alben wir hätten füllen können. Ich vermute mal, dass Panini einen ordentlichen Umsatz- und damit auch Gewinneinbruch hatte, nachdem du gegangen warst. Ich gebe zu, ich habe noch ein paar Alben aufgehoben, die du bearbeitet hast. Auf die Frage, was du dir zum Geburtstag wünschen würdest, hattest du stets eine Antwort: „Naaa (das ganz lange gezogen) Fußballbilder!“. Alles andere war dir egal, Hauptsache Bilder. Dein Wunsch wurde stets erfüllt, kartonweise. Sämtliche Omas und Opas, Tanten und Onkel schenkten sie dir. Deine Freude darüber und dein Lachen dann, das klingt immer noch in mir. Dein Lachen fehlt, du fehlst. Immer und ewig. Kein Tag vergeht an dem ich nicht an dich denke.
Du wirst 34 Jahre und ich werde alt, so ist das nun mal, das ist der Lauf der Zeit. Wir werden eine Party stemmen, werden feiern hier unten, du wirst das sehen. Wir werden feiern, dass wir dich alle kennen lernen durften. Du bist wohl schon auf deiner Partywolke, wartest auf deine Gäste. Quatsch! Die Party ist wohl schon in vollem Gang! Bevor du vollends im Trubel bist, könntest du mir einen Gefallen tun? Schieb doch einfach mal die Wolken weg, damit es hier unten ein wenig wärmer werden kann, keine Angst, wir gucken nicht zu. Hab Spaß Andreas! Happy Birthday, mein Sohn!
Liebe Gitta,
beim Lesen kamen mir die Tränen, ich kenne das alles auch sooo gut, Mario und Andreas könnten Brüder gewesen sein. Bei Mario waren es ungezählte CDs und Kassetten, die sich teileweise immer noch im Keller stapeln. Und geküsst hat er auch so gerne und gelacht, und und und…
Lass Dich umarmen und lasst es ordentlich krachen da unten, da oben wird bestimmt auch ganz doll gefeiert….
Liebe Grüße
R I A mitundohne Mario
Liebe Ria,
danke für Deine lieben Worte. Das mitohne ist inzwischen Fleisch und Blut, mal mehr mal weniger schmerzhaft. Brüder sein, das klingt gut, das sind sie jetzt bestimmt.
Deine Umarmung tat so gut und ich bin sicher es war ein rauschendes Fest, eine Hammerparty gewesen.
Herzlich
Gitta