Ein Buch schreiben
Jedes Jahr erscheinen in unserem Land rund 10.000 Bücher neu. Im normalen Alltagsleben schafft man ein bis zwei Bücher pro Woche. Lesekünstler wie meine Töchter, die mitunter beim Zähneputzen lesen, schaffen das doppelte Pensum. Je älter man wird, desto weniger Bücher liest man. Meine Mutter, nun locker über 80 Jahre, liest keine Bücher, außer jenen, die ich geschrieben habe.
Angesichts dieser Zahlen frage ich mich wie man es schafft Bestsellerautor zu werden. Ich fange von vorne an. Am Anfang steht entweder eine Idee aus der man eine Handlung konstruiert oder etwas, das man erlebt hat, oder aber man möchte Wissen weitergeben. Fantasie, Realität oder Wissen das spielt keine Rolle, denn für alles muss man die richtigen Worte finden. Es ist Arbeit ein Manuskript zu schreiben, egal ob man nun schon Bestsellerautor ist oder nicht, egal ob man Erfahrung damit hat Manuskripte zu schreiben. Jedes Manuskript hat seine Stärken und Schwächen, jedes Manuskript erlebt eine Zeit, in der intensiv an ihm gearbeitet wird, aber auch eine Zeit, in der es bezweifelt wird. Das eine oder andere Manuskript erfährt nie sein Ende, leider.
Irgendwann ist das Manuskript dann fertig und nun folgt der schwierigere Teil der Arbeit: die Verlagssuche. Natürlich wünscht sich ein Autor, er ist davon überzeugt, den Bestseller schlechthin geschrieben zu haben und wird darüber entrüstet sein, wenn es von einem Verlag abgelehnt wird. Dieser Verlag hat dann keine Ahnung, den Text nicht verstanden und viele derbe Sprüche mehr. Ein Verlag ist ein Wirtschaftsunternehmen, das Gewinne erwirtschaften will, muss und soll. Sein Sortiment wird gestellt von Autoren, die bereits Bestseller geschrieben haben. Deren nachfolgende Werke garantieren den Umsatz, den die Unternehmen zur Kostendeckung brauchen. Ein weiteres Klientel sind Prominente, die alle glauben auf den Buchmarkt drängen zu müssen. Was wäre, wenn umgekehrt alle Buchautoren erfolgreich casten würden? Dennoch Bücher von Prominenten garantieren ebenfalls Umsatz. Dann gibt es die Klassiker, die immer wieder aufgelegt werden müssen. Bleiben noch ungefähr ein bis drei Prozent freie Kapazität für unbekannte Autoren.
Auf dem Schreibtisch eines Lektors oder einer Lektorin landen unzählige Manuskripte, die er oder sie gar nicht alle lesen kann. Hier spielt das Exposé, das jedem Manuskript beiliegen sollte, eine große Rolle: Gibt es nichts her, dann wird kein Lektor das Manuskript in die Hand nehmen. Er oder sie, wird nie erfahren wie gut oder wie schlecht es ist. Ich habe mir immer folgendes Bild ausgemalt: Ein Schreibtisch, darauf Berge von Manuskripten, täglich kommen neue dazu, wenn man Glück hat, dann rückt man auf dem Berg immer weiter nach oben, wenn man Pech hat, dann halt nicht und die neuen kommen oben auf. Man kann natürlich auch den elektronischen Weg der Manuskriptübermittlung wählen. Das ändert aber an dem Zeitfenster nur wenig, weil darauf schon viele andere gekommen sind.
Es ist eine Illusionen anzunehmen ein Werk voller Fehler abliefern zu können. Kein Verlagslektor wird ein solches Werk annehmen, auch dann nicht, wenn der Stoff gut ist, der müsste dann schon exzellent sein, um eine Chance zu bekommen. Es gibt auf dem freien Markt günstige Lektoren, denen man sein Werk im Vorfeld anvertrauen sollte. Ein so überarbeitetes Manuskript ist eindeutig im Vorteil. Hier seien noch die Ghostwriter erwähnt, die für einen Autor das Manuskript komplett schreiben. Ich hege den stillen Verdacht, dass diejenigen, die sich einen solchen leisten können dies auch fleißig tun. Es gibt einfach prominente Menschen, denen ich schlichtweg nicht zutraue das Buch, für das sie unter ihrem Namen werben, auch selbst geschrieben zu haben, weil ich aus eigener Erfahrung weiß wie schwer es ist ein Manuskript zu schreiben.
Hat man also ein einigermaßen ordentliches, fast fehlerfreies Werk geliefert, muss man jetzt nur noch den Geschmack des Lektors treffen. Dieser muss dann noch Überzeugungsarbeit leisten, damit das Werk die Lektorenrunde übersteht. Der Verlagslektor muss hier begründen weshalb er für das Werk Chancen auf dem hart umkämpften Buchmarkt sieht. Wie viel Einfluss nun der Lektor oder die Lektorin selbst hat, das entzieht sich meiner Kenntnis, weil ich noch bei keiner dieser Runden anwesend war und nur vom Hörensagen weiß was dort geschieht. Das mal so in verkürzter Form.
Ich kenne das Gefühl, dass das eingereichte Manuskript abgelehnt wird. Das schmerzt und man fragt sich warum, weil der Verlag selten eine wirklich gute Begründung mitliefert. Aus Zeitgründen wie man den Autoren glauben machen will. Es muss keine seitenlange, wissenschaftliche Abhandlung darüber sein weshalb das Werk abgelehnt worden ist, sondern es reicht eine kurze knappe Begründung. Das wäre höflich. Meistens kommt da nix und sofern man einen ausreichend frankierten Rückumschlag beigefügt hat, könnte man Glück haben sein gedrucktes Manuskript wieder zu bekommen. Es ist enttäuschend und schmerzt, aber wenn der erste Schmerz vorbei ist, dann schickt man es wieder auf die Reise und irgendwann klappt das ja mal. Das Manuskript von meinem Roman „Das Rosenspiel“, das es bei einem sehr großen Verlag immerhin in die Lektorenrunde geschafft hat, wurde abgelehnt weil man so einiges daran hätte machen müssen, was auch damals schon eher den Charakter einer fadenscheinigen Begründung hatte. Es wäre dann nur knapp 200 Seiten stark. Na und? Aber egal es hat wohl einige Anläufe gebraucht, aber es hat seinen Verlag gefunden.
Das Manuskript des Gänseblümchens wurde von einer sehr großen Verlagsgruppe abgelehnt, weil da „zu wenig Konflikte sind“. Durch die Blume: Es gehört sich nicht ein fröhliches Buch zu schreiben. Wie bitte? Wollte ich ein Buch über Konflikte oder ein Buch über meinen Sohn schreiben? Wollte ich ein tragisches oder ein fröhliches Buch schreiben? Warum muss im Zusammenhang mit Behinderung immer das Wort „Konflikt“ und gleich dahinter das Wort „Probleme“ stehen? Warum kann da nicht „Normalität“ und „Lebensfreude“ stehen? Auch egal weil das Manuskript gleich im zweiten Anlauf seinen Verlag gefunden hat und ich eine wundervolle Zusammenarbeit mit meinem Lektor erlebt habe.
Wenn man als unbekannter Autor das riesige Glück hat zu den 1-3 % zu gehören, denen es glückt über die Lektorenrunde zu kommen und dann einen Vertrag zu bekommen, dann hat man schon einen kleinen Schritt geschafft. Nun muss man sein Buch nur noch vermarkten. So schwer es ist ein Manuskript zu schreiben, es bei einem Verlag unterzubringen, so schwer, nein sehr viel schwieriger ist es ein Buch zu vermarkten. Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsender möchten zeitnah, also zum Erscheinungstermin, am besten noch davor, über ein Buch berichten, was dazu führt, dass man einen gewissen Vorlauf berücksichtigen und rechtzeitig mit der Vermarktung beginnen muss. Große Verlagshäuser haben eine eigene PR-Abteilung, kleine Verlage machen das in Eigenregie, weil ihnen logischerweise nur begrenzte Mittel zur Verfügung stehen. Hier muss der Autor selbst aktiv werden, was auch vollkommen in Ordnung ist.
Natürlich schreibe ich als Zeitung, Zeitschrift viel lieber darüber, dass ein prominenter Mensch ein Buch geschrieben hat, als darüber, dass Lieschen Müller von nebenan ebenfalls etwas zu schreiben hatte. Das stellt keine Wertung des Werkes dar und ist in Ordnung, aber irgendwie schade, weil der prominente Mensch seinen Erfolg schon hatte, Lieschen Müller dagegen noch darauf wartet. Auch die schreibende Zunft und die TV- Zunft sind gewinnorientierte Unternehmen. Gänseblümchen war inzwischen schon in einigen Zeitungen, Fernsehsendungen dagegen haben Abstand genommen darüber zu berichten, weil mein Sohn nicht mehr lebt und somit nicht mehr zu filmen ist. Was hat das eine mit dem anderen zu tun? Das werde ich nie verstehen, weil ich niemals die Erlaubnis gegeben hätte, ihn zu filmen.
Ich bin stolz darauf „Gänseblümchen“ geschrieben zu haben. Ich freue mich unendlich darüber, dass meine Tochter, seine Schwester ein Kapitel überihren Bruder geschrieben hat. Jedes Mal, wenn ich dieses Kapitel lese, dann bekomme ich Gänsehaut. Das Buch, „Gänseblümchen“, es wartet darauf, dass z.B. spiegel online, freundin, Brigitte und Bild der Frau es für sich entdecken, oder eine große Tageszeitung darauf aufmerksam wird, ein Fernsehsender mich als seine Autorin in eine Talkrunde einlädt, oder dass etwas Unglaubliches, egal was auch immer passiert und es als eine Biografie, die man gelesen haben muss, in den Bestsellerlisten nach oben katapultiert wird. Warum nicht?
Ich werde oft gefragt, wann es denn die Fortsetzung zu meinem Roman „Das Rosenspiel“ geben wird, immer noch werde ich das gefragt. Ich weiß es nicht, im Moment sammle ich hier Ideen, Begebenheiten, die ich einfließen lassen kann. Bis das soweit ist wende ich mich meinem neuen Manuskript zu, schreibe, verwerfe, finde Formulierungen neu, entwickle geradezu diabolisches Gedankengut, lasse Leute sterben und leben, Menschen an der Lösung des Falles verzweifeln.
liebe gitta,
das ist ja spannend, schon mehrere bücher!
am einfachsten ist, wenn man gefragt wird und dann ein buch schreibt (christian findet das jetzt im moment allerdings nicht so einfach). wo kann man dein gänseblümchen beziehen? ich könnte mal werbung in meinem facbookaccount machen mit einem link auf diese seite, wenn du willst?
herzlich
barbara