Papst und Zuckerberg
Wir sind Papst. Gestern. Heute ist der Papst in Richtung Erfurt abgeflogen. Martin Luther, Reformator. 95 Thesen hat er an das Portal der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt. Die 95 Thesen hat es gegeben, aber ob er sie wirklich an das Portal genagelt hat, kann bis heute nicht sicher bestätigt werden. In Erfurt hatte Luther als katholischer Mönch gelebt. Hier wird sich der Papst mit Vertretern der Evangelischen Kirche Deutschlands treffen. Gemeinsam werden sie einen Gottesdienst feiern. Warum ich das so ausführlich beschreibe?
Ich kann mich dunkel erinnern, dass der Papst zu Beginn seiner Amtszeit verkündet hat, dass Protestanten keine Christen sind. Ich kann mich auch erinnern, dass meine Mutter sich darüber fürchterlich aufgeregt hat. Was bildet er sich ein, hat sie mich gefragt. Keine Ahnung habe ich ihr gesagt. Was immer er sich dabei gedacht haben mag, es ist falsch und bevor er sich darum kümmert wer als Christ zu bezeichnen ist und wer nicht, soll er die Probleme lösen, die seine eigene Kirche hat und die Fragen beantworten, die Missbrauchsopfer durch seine Untergebenen an ihn haben. Ich glaube, dass er damit erst mal genug zu tun hat.
Natürlich rührt es an, wenn der alte Mann kleine Kinder segnet. Er ist eine Figur, eine Gestalt unserer Zeit, auch wenn er mit all seinen Ansichten von gestern ist. Mein Opa war moderner eingestellt als dieser Mann. Nun gut, er war protestantisch. Dennoch ich gestehe ich schaue mir die Übertragungen an, schaue dem Treiben zu, frage mich immer wieder weshalb wer einen pinkfarbenen Kittel trägt eine ebensolches Käppi dazu, andere wiederum ein ganz normales, ein weißes und so weiter. Man lernt schon eine Menge, auch wenn man hauptsächlich arbeite. Irgendwann fliegt er wieder ab, alle werden aufatmen, wenn dies wohlbehalten geschieht.
Etwas anderes ging gestern durch die Nachrichten: Mark Zuckerberg will aus Facebook das Tagebuch schlechthin machen. Alles was man tut, je getan hat und tun wird, jedes Kochrezept, jedes Buch, jeder Film alles soll man hier eintragen können. Hat der einen Knall? Oder sind es die Facebookler, die den Knall haben. Internet, tolle Sache, keine Frage. Aber ich muss doch die Informationen über mich noch irgendwie steuern können. Ich gebe doch das preis, das ohnehin öffentlich ist. Das wirklich Private bleibt privat. Was denkt der Vogel sich dabei, wenn er das kreieren möchte, vielleicht schon fast fertig hat? Auf alle Daten, die ich dort eintrage kann er zugreifen, alles zu seinen Zwecken verwenden? Jeder zukünftige Chef kann nun alles erfahren, welches Buch, welchen Film, welches Essen seine Mitarbeiter gegessen haben und dann bei Wünschen nach mehr Gehalt dies abschmettern mit dem Argument: dann geh‘ halt einmal weniger essen, lies ein Buch weniger, geh weniger ins Kino. Wie bescheuert ist das?
Ich schreibe einiges in meinem Blog, aber glaubt mir, das was ich wirklich privat halten möchte, das wird auch privat bleiben. Ich werde nichts über meine Kinder schreiben, was diese auch nur im Ansatz bloß stellen könnte. Ich habe das auch so in meine m Buch „Gänseblümchen“ so gehalten. Zu keiner Zeit hatte ich im Sinn meinen Sonn bloß zu stellen, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt bereits ein Sternenkind war. Der Verlag Droemer Knaur hatte das Manuskript übrigens mit der Begründung abgelehnt, es wäre zu wenig „konfliktbehaftet“. Es war ihm wohl zu fröhlich. Manches scheint sich auszuschließen: ein behindertes Kind zu haben und dann noch fröhlich sein zu können und genau so über es zu schreiben. Sorry dafür, dass ich kurz auf einem anderen Weg gewesen war, aber da kann ich nur noch den Kopf schütteln, ich kann doch nicht Konflikte irgendwo reinschreiben, wo keine gewesen waren. Herrschaft noch mal!
So zurück zu Herrn Zuckerberg: Ich hoffe, dass niemand Ihr Angebot annehmen wird, sich derart offen zu legen, selbst zu entblößen. Ich befürchte aber, dass es genug geben wird, die das nutzen werden.
In diesem Sinn habt einen schönen Tag, lasst es Euch gut gehen und vor allem ein schönes Wochenende.