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Worte finden oder sprachlos bleiben

Manchmal schreibe ich hier mehr, dann wieder weniger, seltener. Ich schreibe sehr gerne früh am Morgen und stelle dann meine Artikel ein. Wie viele Menschen das sind, so bin auch ich ein Gewohnheitstier, habe meine bestimmte Reihenfolge, wenn ich Verbindung mit dem Internet aufgenommen habe.

Zu meinem Weg durch geliebtes Terrain gehört ganz zweifelsohne und mit großem Vergnügen www.fiftyfiftyblog.de . Dort zu lesen ist Entspannung, aber auch Kraft tanken, auch wenn dort heute sex sells indirekt Thema ist. Wer weiß das besser als ich?

Es ist kein Geheimnis, dass ich zwei Bücher geschrieben habe. Das erste ein Roman, das zweite eine Biografie. Der Roman, eher leichte Trivialliteratur, sehr gut und flüssig zu lesen, ist natürlich einfacher zu verkaufen als das zweite Buch, das mein Leben mit meinem behinderten Sohn Andreas erzählt, der, und das ist auch kein Geheimnis, inzwischen ein Sternenkind ist. Ich habe dem Buch den Titel „Gänseblümchen“ gegeben.

Gerade eben habe ich meinen Lieblingsblog besucht und den Artikel „Let’s talk about sex oder was jetzt?“ gefunden. Wie immer schafft es Jens Schönlau seine Leser in seinen Artikel zu ziehen, ihn darin versinken zu lassen um ihn dann mit der Erkenntnis sex sells und ist interessanter als Gaspreise, einfach stehen zu lassen. So! Peng! Danke Jens! Genau das musste ich jetzt haben! All die Gefühle, die er geweckt hat versinken in Gaspreisen. So Leute, scheint er sagen zu wollen, den Rest müsst ihr schon selbst machen. Was aber hat das alles mit meinem Gänseblümchen zu tun?

Sex sells, stimmt, aber ich habe nun mal in meinem Gänseblümchen nicht über Sex geschrieben, sondern über meinen behinderten, inzwischen verstorbenen Sohn, geschrieben. Schwer darüber zu schreiben. Unzählige Male habe ich über viele Jahre immer wieder begonnen zu schreiben, dann alles verworfen, wieder begonnen, wieder alles gemüllt. Aber irgendwann eine ganze Zeit nachdem er zu den Sternen gegangen ist, da habe ich wieder damit begonnen und dann habe ich geschrieben und geschrieben und dabei sehr viel gelacht und die ganze Zeit das Gefühl gehabt, Andreas ist da, nicht nur in meinem Herzen, sondern da neben mir und schaut mir zu. Aber es ist und bleibt so unendlich schwer Menschen davon zu überzeugen, genau dieses Buch zu lesen. Ich schwöre, es ist kein Buch über Trauer und Verlust. Ganz im Gegenteil, es ist ein Buch, das seine eigene Fröhlichkeit entwickelt hat, und ich habe das zugelassen, hätte das unter keinen Umständen dieser Welt verhindern oder ändern wollen.

Es gibt da einen Mann, der es gelesen hat. Dieser Mann ist Jens Schönlau. Zugegeben, ich habe ihn mit dem Gänseblümchen überfallen, ihm es einfach zugeschickt, nachdem ich seine Krallen, wie er es in seinem Blogartikel „Gänseblümchen von Gitta Becker“ beschrieben hat, gegen das Buch ausgefahren hat. Ich habe diese Krallen von irgendwo auf dem Land, bis nach Berlin gespürt, habe die Zurückhaltung und seinen Widerwillen gefühlt. Das hat mich zuerst ratlos gemacht und ich habe mich gefragt wie ich ihn, Vater zwei Kinder, die er über alles liebt, davon überzeugen kann Gänseblümchen zu lesen. Schlechte Voraussetzung für das Gänseblümchen. Irgendwann dann, habe ich mich entschlossen es ihm einfach zuzuschicken. Was kann passieren?  Worst case Szenario wäre gewesen, dass er mich immer wieder vertröstet, er würde es lesen, oder habe es noch nicht gelesen zu Ende gelesen, während die Asche des Buches längst schon im Aschenkasten des Kamins kalt geworden ist. Jens hat es gelesen und erklärt in seinem Artikel, weshalb.

Ich habe den Artikel über mein Gänseblümchen gelesen, über seine Gefühle, seine Ängste, die wie ich meine, die Ängste aller Leser vor einem solchen Buch beschreibt, und las, dass seine Ängste unbegründet waren. Wer mehr von diesem Artikel lesen möchte, der muss seine Seite besuchen. Mich hat sein Artikel eine ganze Weile regungslos vor dem Bildschirm verharren lassen, hat mir, wenn ich ganz ehrlich bin, Augenwasser beschert. Ich habe mich gefreut, dass Gänseblümchen diese Wirkung bei ihm hinterlassen hat. Ich würde mir, wenn ich es nicht selbst geschrieben hätte, das Buch spätestens jetzt kaufen wollen.

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